In Anbetracht der Komplexität, die sich hinter der Thematik häuslicher Gewalt verbirgt, kann eine Verdachtsäußerung in der Einsatzsituation äußerst umstritten sein.
In diesem Zusammenhang ist die Beobachtung des Patienten hinsichtlich des symptomatischen Verhaltens aufschlussreich. Mögliche Anzeichen gewaltsamen Übergriffen werden in der fortfolgend tabellarisch aufgelistet.
Physische Symptome | Psychische und psychosomatische Symptome | Verhaltensauffälligkeiten |
- Frakturen ohne nachvollziehbares Trauma, Verletzungen die nicht mit der Anamnese übereinstimmen - Hämatome, Rissquetschungen, Schürfwunden, Kratzspuren, Prellungen - Würgemale - Verbrennungen, Zigarettenmal - Gesichtsverletzungen, Kiefer- und Zahnverletzungen - Verletzungen in unterschiedlichen Heilstadien, diverse Narben - Spezielle gynäkologische Auffälligkeiten (vaginale und anale Verletzungen, Zyklusstörungen) - Mehrfaches Aufsuchen eines Arztes bzgl verschiedenster multipler Beschwerden - Chronische Beschwerden, die keine offensichtliche physische Ursache haben (z.B. Verdauungsbeschwerden, Unterbauchbeschwerden, Beckenschmerzen) | - Angst, Panik, Verfolgungswahn - Unruhe, Nervosität - Schlaflosigkeit, Albträume - Verzweiflung, Niedergeschlagenheit - Amnesien, Abwesenheit - Depression - Schuldgefühle, Schamgefühle, Selbstzweifel -Verschlossenheit - Drogen- und Alkoholkonsum, Tablettenabusus - Suizidgedanken, -versuche - Selbstverletzendes Verhalten - Verharmlosung der Verletzungen - multiple Persönlichkeitsstörung | - verspätete eines Arztes - Patient*in meidet Blickkontakt - übermäßige Fürsorglichkeit, kontrollierende oder aggressive Begleitperson, die den*die Patient*in nicht alleine lässt
|
Quelle: 22, eigene Darstellung
Die Verinnerlichung aller aufgeführter symptomatischer Erscheinungen und insbesondere die Verknüpfung derer mit häuslicher Gewalt kann sich für die Rettungskräfte im Einsatzszenario als schwierig erweisen. Sie soll demnach auch lediglich einen allgemeinen Überblick verschaffen.
Um trotzdem sinnvolle Rückschlüsse aus dem symptomatischen Verhalten des Patienten bei einem möglichen Gewaltdelikt ziehen zu können, erfolgt in der nachfolgenden Darstellung eine Zusammenfassung der essenziellsten und auffälligsten Symptome. Diese werden auch „Red Flags“ genannt.
Quelle: 23, eigene Darstellungen